Die MS Amera hat als Gigant an der Pier von Egersund in Südnorwegen festgemacht.

Reisebericht MS Amera Teil 1: Der Herzschlag Norwegens

Mit der MS Amera zu Fjorden, ans Nordkap und nach Spitzbergen

MS Amera Reisebericht 2023 – Text: Dieter Bromund Fotos: Petra Bromund

Michael Schulze, Direktor Schiffsreisen bei Phoenix, hat norwegische Wurzeln. Er wollte nach der Lähmung des Marktes durch Covid beim Neustart auch in Norwegen Orte jenseits des Massenmarktes anbieten. Bewohner der Zielorte sollten noch aufmerken, wenn Besucher kommen. In Häfen, die mehrmals täglich durch Hurtig-Schiffe angelaufen werden, geschieht das eher nicht. So suchten Schulze und sein Team auch Wasserwege zwischen Inseln und in Fjorde, die nur Phoenix-Schiffe befahren können. Zielorte sollten groß genug sein, alle Gäste aufzunehmen und ihnen auch Ausflüge ermöglichen. Ein klares Konzept also, in dem man, so Schulze, „den Herzschlag Norwegens spüren soll.“

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Petra und ich hatten Norwegen schon ein paar Mal besucht, und so freuten wir uns darauf, jetzt mit einem Schiff zu reisen, das wir noch nicht kannten, mit der MS Amera. Von manchen dieser Ziele hatten wir noch nie etwas gehört. Also starteten wir in Bremerhaven hoffnungsvoll und sehr neugierig. 16 Tage lagen vor uns.

Eine kluge Regie hatte dafür gesorgt, dass der erste ganze Tag an Bord ein reiner Seetag war. So konnten wir ohne Hast die MS Amera erkunden. Erster und bleibender Eindruck: Ja, sie gefällt uns sehr. Die Kabine hatte eine einschmeichelnde Größe, der Balkon bot Schatten und Windschutz, Restaurants und Show-Lounge hießen uns willkommen. Was wir aßen und tranken, erfreute Leib und Seele. Und die Reiseleiter in Türkis und Weiß, die sich selber Phoenixe nannten? Liebenswert und absolut verlässlich.

Was also würden wir nach diesem neuen Konzept erleben? Wie würden wir den Herzschlag Norwegens spüren?

MS Amera Reisebericht 2023 – Stopps

Vik, den ersten Stopp, meinten wir zu kennen. Auf einer früheren Reise hatte ich vor einer Bahnstation auf die ausflugsfreudige Petra gewartet! Doch nichts an der Gegenwart erinnerte an vergangenes Schönes. Es gab keinen Bahnhof und keinen Kai. Das Ortsverzeichnis unserer Landkarte und eine hilfreiche junge Dame in Weiß und Türkis klärten uns auf: Es gibt mehr als acht Orte namens Vik in Norwegen. Was wir damals erlebt hatten, hatte wohl in Flam stattgefunden, ein paar Viertelstunden weiter mit Bahnhof und Kai.

MS Amera Reisebericht 2023

Ein Zwerg vor den Bergen des Fjordes: Die MS Amera liegt auf Reede im Sognefjord vor Vik.

Mo i Rana, der nächste Halt, klang für uns wie eine unbekannte Insel in der Südsee. Doch wir hatten den Polarkreis überquert und feierten ausgelassen bei sehr lauter Musik auf Deck 11. Narvik weckte selbst nach mehr als 70 Jahren immer noch schamvolle abwehrende Erinnerungen an deutsche Untaten im Krieg. Petra besuchte eine der beliebtesten Attraktionen Nordnorwegens, den Polar Park, der in nur zwölf Gehegen Vierbeiner wie Wölfe und Braunbären, Luchse, Vielfraße, Rentiere, Moschusochsen und Hirsche beherbergt. Ich erlebte eine eher sehr nüchterne Stadt.

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Tromsö war dann wieder vertrautes Gelände, wir hatten es schon zweimal besucht. Also trennten Petra und ich uns für die Ausflüge in komfortablen Bussen, jeder für sich auf der Suche nach dem Besonderen, das Norwegen ausmachte. Petra entschied sich für die Eismeerkathedrale und das Polaria Erlebniszentrum, das unter Anderem wissenschaftliche Beweise über den Rückgang des Eises liefert.

Entdeckungen

Das Polarmuseum, das ich in Tromsö besuchte, hätte als Ganzes selber in ein Museum gehört. Am Eingang begrüßten uns vier Kanonen, mit denen man einst Wale getötet hatte. In den niedrigen Innenräumen zeigten uns Dioramen, wie man hauste, wenn man im hohen Norden beim Jagen von Pelztieren überleben wollte.

Viel Platz war Fridtjof Nansen und Roald Amundsen gewidmet. In einer Vitrine lag ein Messer der Art und Größe, die man zum Leben im Wilden Norden brauchte: fast unterarmlang, haarscharf geschliffen mit einem Griff aus Elfenbein, das ein begabter Künstler verziert haben musste. Es sah in seiner Schönheit gänzlich unbenutzt aus wie eine Auszeichnung für Amundsen.

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Und dann entdeckte ich eine gebogene Scheide aus hartem Leder am Ende eines Schultergurtes, den man über einem Pelz trug. In der Scheide steckte ein entsprechend gebogenes Messer mit einem Holzgriff und Spuren langer intensiver Einsätze. Aus einer Art Röhre an der Scheide ragte ein Wetzstahl, dessen Handgriff dem des Messers glich. Gehörte dieses Arbeitsgerät, das vor und bei der Arbeit geschliffen wurde, dem großen Forscher?

MS Amera Reisebericht 2023

Vor allem aus Holz werden in Norwegen immer noch Häuser gebaut. Diese hier stammen aus dem 19. Jahrhundert und sind Teil der Altstadt von Mo i Rana.

Erfahrungen

Im Villmarkssenter auf der Insel Kvalöya bei Tromsö werden Huskies gezüchtet, ausgebildet und eingesetzt. Sie sind, wie ihre Vettern in Grönland, mit kurzen Ketten an ihre Hütten gebunden. Den Grönländern näherte man sich besser nicht. Hier saß ich bald in einer scheunenartigen Hütte unter ein paar Dutzend Besuchern und erlebte auf einer Leinwand den längsten Hundeschlittenlauf Europas mit – 1000 Kilometer in Eis und Schnee bei Nacht und Nebel im März durch die Finnmark von Alta nach Kirkenes und zurück. Die Besitzerin des Zentrums, Tove Sörensen, hatte 19 Mal das Rennen mit 14 Hunden mitgemacht. Dieser Film zeigte indes den ersten Lauf, den Torkil, ihr Sohn, als Musher führte, ein hartes Ereignis, das den ganzen Kerl forderte. Täglich mehrmals prüfte er während des Rennens die Pfoten aller Hunde, die er für die Nachtruhe eincremte und mit wärmenden Socken entspannte.

Bei Kilometer 860 ereilte ihn das Unglück: einer seiner Hunde brach mit einem Hinterlauf in ein Schneeloch ein und fiel für das weitere Rennen aus, das mit mindestens sechs eigenen Hunden beendet werden musste. Die hatte Torkil gerade noch in seinem Team. Was also tun, das Rennen fortsetzen? Wenn einer der sechs Hunde auf der letzten Etappe ausfiel, hätte Torkil nicht mal zu den Teilnehmern des Rennens gezählt. Sein ganzes Bemühen wäre umsonst gewesen.

MS Amera Reisebericht 2023

Eisbären gehören zu Spitzbergen, Braunbären zu Nordnorwegen, wie dieser in seinem gewaltigen Gehege im Polarpark bei Narvik.

Der Film zeigte, was mit dem verletzten Hund geschah. Er wurde von begleitenden Tierärzten untersucht und sofort in eine Uniklinik geflogen. Man konnte ihn dort retten. Am Rennen im nächsten Jahr würde er wieder starten können. Im Film sahen wir Torkil fast weinen. Er entschied, sein Rennen abzubrechen.

Wir trafen Toves Sohn später, als er uns seine Hunde zeigte, ein kräftiger junger Mann, der mit seinen gleichaltrigen Helfern einige hundert Tiere erzieht. Keines von ihnen war gefährlich, wir konnten alle streicheln und junge Tiere auf den Arm nehmen.

Über das abgebrochene Rennen verlor Torkil kein Wort. Doch einen Bezirk des großen Geländes durften wir nicht betreten, das der Hunde, die für das nächste Rennen auserwählt waren.

1000 Kilometer bis zum Nordpol

Spitzbergen liegt nur rund 1000 Kilometer vom Nordpol entfernt. Wir brauchten mehr als einen ganzen Tag, um vom Nordkap übers Meer zu fahren, das sich in Spitzbergen in viele Fjorde teilt. Ihre Namen erinnern an Herrscher aus Zeiten der Entdecker, an Gönner oder beschreiben schlicht nur, was das Auge wahrnimmt, wie etwa den Tempelfjord, in dem die MS Amera einen halben Tag lang kreuzte. Die Kameras fanden keine Ruhe.

MS Amera Reisebericht 2023

Norwegen hat eine lange Tradition in der Waljagd, zu bestaunen in Tromsö. Mit Kanonen wie diesen tötete man einst die friedlichen Riesen der Meere.

Petra fiel auf, dass Eis und Gletscher, die wir früher bestaunt hatten, seither sichtbar abgeschmolzen sind. Im Norden ist die internationale Forschungsniederlassung Ny Alesund inzwischen für Besucher gesperrt. In den ehemals drei Städten der Inselgruppe wird Kohle nur noch in der Nähe von Longyearbyen gefördert, der norwegischen Stadt. Sie erinnert mit ihren hölzernen Gehsteigen und Häusern an Orte aus dem Wilden Westen der USA.

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